Immer mehr Coachingangebote finden draussen in der Natur statt.

Berge, Natur und frische Luft anstatt Coachingräumlichkeiten. Eine Wiese oder ein Bänkli anstelle eines Sessels. Klingt gut, ist dieser Trend aber sinnvoll und eignet er sich für jedes Thema? Obwohl ich nur Natur-Coaching anbiete, hinterfrage ich meine Angebote regelmässig. Nachfolgend möchte ich ein einige Überlegungen gegenüberstellen.

Wie unterscheiden sich die beiden Coachingräume?

Der Naturraum

Vorteile

  • Draussen ist nicht nur der physische Raum grösser, sondern auch die räumliche Grösse kann noch grossartigere Gedanken zulassen. Der sprichwörtliche Weitblick, das Grenzenlose überträgt sich auf die Sichtweite und die Sichtweise der Gedanken.
  • Bei einem Spaziergang oder auf einem Bänkli lässt es sich "unverbindlicher " denken und reden. Wer kennt das nicht!? Mit der Partnerin oder dem Partner ein Problem am Küchentisch diskutieren oder bei einem Spaziergang in lockerer Atmosphäre zu besprechen - das ist ein grosser Unterschied.
  • Wer sich für ein Outdoor-Coaching entscheidet, entscheidet sich auch für einen längere Zeitraum - im Normalfall. Diese Art von Coaching ermöglicht den Abstand zum Thema und dem Umfeld. Wir entfernen uns vom (belastenden) System, in dem wir ansonsten leben. Wir werden neutraler.
  • Zeit, Zeit, Zeit! Die Zeit ist ein wichtiger Faktor. Oft werden nicht die Stunden gezählt, sondern tageweise abgerechnet. So entsteht kein Zeitdruck und man kann das Coaching einfach abkürzen oder verlängern. Die Zeit zwischen den Sequenzen benötigen Coach und Klient*in dann gleichermassen. Das Setzenlassen ist ein wichtiger Teil des Outdoor-Coachings.
  • Es ist sehr effizient. Man investiert zwar im Moment viel Zeit, kommt aber dafür auch in grossen Schritten vorwärts. Ohne es beweisen zu können, sage ich: Zwei Tage Natur-Coaching bringen Sie weiter, wie 1 Jahr lang in regelmässigen Abständen eine Stunde zu einem guten Coach zu gehen. Aber eben, das sind nur meine eigenen Erfahrungen, die ich mit meinen Kundinnen und Kunden mache. Sie sind natürlich einseitig geprägt.
  • Und ja, der sprichwörtliche Tapetenwechsel tut so oder so gut.

Nachteile

  • Für Menschen, die nicht so gerne in der Natur sind, eignet sich diese Art von Coaching eher nicht. Man muss die Natur oder die Berge schon mögen. Sportlichkeit braucht es nicht, aber die Liebe zur Natur ist eine wichtige Voraussetzung, um auf das Natur-Coaching anzusprechen.
  • Bei schlechtem Wetter muss das Coaching trotzdem in einen Innenraum verlegt werden. Es liegen dann nur noch "Kopflüfter" drin.
  • Das intensive Coaching über zwei oder mehrere Tage ist kein Spaziergang. Also schon, aber nur unter den Füssen. Kompakt und intensiv an sich zu arbeiten ist kein "Schleck". Man muss dafür bereit sein. Wer lieber kleine Häppchen hat, fährt mit kürzeren Coachingsequenzen über einen längeren Zeitraum besser.
  • Die Illustrationen über Flipchart oder ähnliches sind nur eingeschränkt möglich. Man muss sich auf kleine Formate beschränken.

Gibt es Themen, die sich nicht eignen für ein Natur-Coaching?

  • Vom drohenden Burn-out über Beziehungsprobleme bis hin zur Überforderung am Arbeitsplatz eignen sich fast alle Themen. Die Einschränkungen kommen mehr von den Klienten selber. Wer zum Beispiel nur einen kleinen Denkanstoss benötigt, geht besser den Weg zum Coach in der Umgebung. Ein kurzes Gespräch und man kommt wieder einen grossen Schritt vorwärts. Oder, es gibt auch Menschen, die sich eine regelmässige Betreuung wünschen. Man kommt zwar zwischen den Coachingsequenzen immer wieder in den Alltag hinein, hat aber in regelmässigen Abständen neue Inputs in der Tasche. Beim Natur-Coaching ist zwar eine Nachbetreuung immer möglich - und wird auch beansprucht. Der Focus liegt bei der längeren Auszeit, bei der man intensiv unterwegs ist, Lösungen ausarbeitet und mit einem "Päckli" an Lösungsansätzen nach Hause fährt. Das behagt natürlich nicht allen Menschen und darf nicht verallgemeinert werden. 
  • Bei den eigentlichen Themen würde ich wirklich keine Einschränkungen machen. Es können sogar ganze Team gecoacht werden. Unter Umständen wird eine spätere Nachbetreuung in der Firma nötig. Das ist sehr individuell

Der Innenraum

Vorteile

  • Wer keine Möglichkeit für einen längeren Aufenthalt hat, fährt mit einem Coach, der/die in Räumlichkeiten in Ihrer Nähe arbeitet besser. Die Mittagspause verlängern oder an Randzeiten zum Coaching gehen, das kann durchaus Sinn machen.
  • Es gibt Menschen, die sich lieber über längere Zeit mit einem Thema beschäftigen möchten. Oder sie fühlen sich besser betreut, wenn sie über längere Zeit begleitet werden.
  • Die Klientin oder der Klient kann fortlaufend im Alltag Dinge ändern.
  • Man ist absolut wetterunabhängig.
  • Der Coach kann mit grossflächigen Illustrationen arbeiten. Aufzeichnen, an die Wand hängen, vergleichen. Das ist zwar draussen auch möglich, aber natürlich nur im einfacheren Rahmen.

Nachteile

  • Man rutscht immer wieder in die belastende Situation hinein. Wenn Sie z.B. Probleme mit Ihrem Chef haben, begegnen sie ihm kurze Zeit nach dem Coaching wieder. Das kann einen Teil des Fortschrittes wieder zunichte machen.
  • Die Innenräume lassen weniger das freie Denken zu. Der Blick an die nächste Wand oder den Flip-Chart verhindert den Weitblick wortwörtlich.
  • Wer ein Coaching über längere Zeit bucht, gibt mehr Geld aus. Nur wer mit 2-3 Sitzungen klarkommt, spart Geld. Der Coach kann im Normalfall günstiger arbeiten, weil er seine Klient*innen über z.B. zwei Tage am Stück betreut.

Gibt es Themen, die sich nicht eignen für ein Coaching im Innenraum?

  • Das würde ich nicht wagen zu behaupten. Grundsätzlich eignen sich für beide Räume fast alle Themen. Es kommt mehr auf den Menschen und seine Bedürfnisse an.
  • Wenn ich eine Einschränkung machen würde, dann eher bei Themen, die eben diesen Weitblick verlangen. Grosse Veränderungsprozesse lassen sich in grossen Räumen besser angehen, wie in kleinen.

Mein Tip für Ihre Entscheidung

  • Lesen Sie die verschiedenen Angebote durch und buchen Sie das Angebot, das Sie ganz spontan anspricht. Wenn Ihnen das Herz aufgeht bei der Betrachtung der schönen Landschaftsbilder des Natur-Coaches, dann unbedingt ein unverbindliches Erstgespräch buchen. Ebenso, wenn Sie ein "Indoor-Coach" anspricht. Oft sind es die spezialisierten Themen eines Coaches, die einen ansprechen. Oder auch die Person des Coaches an sich muss passen. Sie werden während dem Coaching viel Persönliches von sich preisgeben. Da muss nicht nur das Angebot, sondern auch das Zwischenmenschliche passen.

 

Herzlichst aus GRaubünden

Markus Isenmann

Zertifizierter Privat- und Business-Coach